Spendensammlung für anarchistisches Zentrum in Kuba

von der AIBJ-Redaktion

Seit 2016 werden Spenden gesam­melt, um in Havanna ein anar­chis­tisches soziales Zenturm auf­zu­bauen. Es fehlen noch 2000€. Wir hoffen, der Spendenaufruf der anarchistischen Gruppe, die das Zentrum gründen möchte, erreicht über unser Heft noch einige Men­schen und dass auch wir so un­seren Beitrag dazu leisten können, dass die anarchistische Bewegung auch im noch oder schon post­so­zia­listischen Kuba weiter Fuß fässt.

Der spanische Spendenaufruf und die praktischen Einzelheiten finden sich auf www.gofundme.com/gg2wrcac

Wer sich für die Geschichte der anarchistischen Bewegung in Kuba interessiert, sollte das Buch „Anarchismus in Kuba. Die Ge­schich­te einer Bewegung“ von Frank Fernández lesen.1 Wer Informationen über die auch im Aufruf erwähnte anarchistische Föderation Mittelamerika und der Karibik sucht, sei auf die Ausgaben 52 und 53 der Gaidao verwiesen.2

Es folgt die vom Internationalen Referat der Föderation deutsch­spra­chiger Anarchist*innen (FdA) besorgte, leicht geänderte deut­sche Übersetzung des Spen­den­aufrufs.

Libertäres Soziales Zentrum in Kuba

Nach vielen Jahren öffnen sich die Grenzen und mit den Verän­der­ung­en in Kuba ergeben sich neue Mög­lich­keiten und Gefahren für die kubanische Gesellschaft. Es ist daher unabdinglich, die Arbeit derer zu stärken, die von Kuba aus einen kritischen, antika­pi­ta­lis­ti­schen und antiautoritären Blick auf ein System haben, dessen Aus­wir­kung­en sich jeden Tag mit zu­neh­mender Deutlichkeit im nationalen Geschehen zeigen.

Nach mehr als einem Jahrzehnt der sozialen und politischen Aktivitäten im Observatorio Crítico Cubano und fünf Jahren als Teil der anar­chis­ti­schen Gruppe Taller Libertario Alfredo Lopez (TLAL) haben wir er­kannt, dass eines der Haupt­prob­leme für unsere Arbeit und die Ausweitung unserer sozialen Kämp­fe das Fehlen eines festen Ortes ist, von dem aus wir unsere Community entwickeln und unsere Identität stärker und nachhaltiger ausprägen können.

Wer sind wir?
TLAL ist ein dezidiert anarchis­ti­sches Kollektiv mit einer konstan­ten, jahrelangen Aktivität. Dabei waren wir bestrebt, unsere Ansätze zu radikalisieren und gleichzeitig tief in der kubanischen Gesellschaft und ihren Communities verwurzelt zu bleiben. In kurzer Zeit ist es uns gelungen, das Libertäre Frühlings­tref­fen in Havanna (Jornadas Prima­vera Libertaria) als jährliches Ereig­nis zu etablieren, bei dem wir ver­su­chen, anarchistische oder liber­tä­re Aktionen und Diskussionen zu­sam­men­zuführen. Darüber hinaus sind wir Herausgeber*innen einer bescheidenen, gedruckt erschei­nen­den Zeitschrift, der „Tierra Nueva!“, mit der wir – nicht ohne Schwierigkeiten – versuchen, unsere kritischen Sichtweisen der nor­malen Bevölkerung näher­zu­bring­en, die kein Internet hat und den Großteil der kubanischen Ge­sellschaft ausmacht. Außerdem sind wir bestrebt, die freiheitlichen, anarcho-syndikalistischen und öko­lo­gischen Ideale voranzubringen, die in der Geschichte dieses Landes bereits vor dem Sieg der Revolution 1959 präsent waren und deren Auswirkungen noch heute aus kleinen versteckten Ritzen des aktuellen kubanischen Systems dringen.

Eines der größten Projekte, die wir derzeit vorantreiben, ist die im März 2015 gemeinsam mit anderen Ge­noss*­innen der Region gegründete Anar­chistische Föderation in Mittel­amerika und der Karibik (F.A.C.C.), ein Netzwerk, das noch sehr viel Potential verspricht.

Um das Tempo der Projekte und Aktionen beizubehalten, benötigen wir einen physischen Raum – um zusammenkommen und uns in prak­tischer Solidarität zu üben, um die Ideen des Kooperativismus, der Horizontalität, der Selbst­orga­nisation und der Autonomie zu erproben.

Was suchen wir?
Angesichts der praktischen Unmög­lich­keit, in Kuba einen Raum an­zu­mieten, ist unser Vorschlag der Kauf einer Immobilie, in Form eines Hauses oder einer Wohnung, um dort unser Libertäres Soziales Zentrum und eine Bibliothek grün­den zu können. Der Ort soll nicht nur als ständiger Sitz der anar­chis­tischen Gruppe Taller Libertario Alfredo Lopez (TLAL) für Treffen und andere Aktivitäten zur Verfügung stehen, sondern auch eine libertäre Bibliothek beherbergen. Diese wird sich aus den jahrelang ange­sam­mel­ten Materialen zusammen­set­zen: inländische und ausländische Schenkungen sowie selbst er­wor­be­nes Material. Dazu gehören un­ter­schiedlichste digitale und Print­for­mate: regelmäßige oder ein­ma­lige Erscheinungen, digital oder analog, CDs, DVDs, Filme, Audios usw. Vorzug bekommen die Mate­ria­lien, die sich direkt oder indirekt auf den Anarchismus beziehen, jedoch werden auch jene Ma­te­ria­lien, die sich aus jedweder politi­schen Perspektive den sozialen Kämpfen in der Geschichte widmen, vertreten sein.

Andererseits werden auch die für ein soziales Zentrum typischen Aktivitäten stattfinden: Vorträge, Events, Treffen, Küche für alle, Vorstellungen von Texten, Partys, Filmbesprechungen, Austausch mit ausländischen oder inländischen Besucher*innen aus anderen Provinzen, Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Werkstätten und vieles mehr.

Wieviel benötigen wir?
Für den Kauf benötigen wir 12.000 Euro. Bei unseren letzten Reisen nach Frankreich und Spanien ka­men dank der Solidarität unserer Genoss*innen mehr als 1.000 Euro zusammen. Darum bitten wir euch bei diesem Crowdfunding-Projekt um einen Gesamtbetrag von 11.000 Euro.

Warum fragen wir?
Weil wir keine Fördergelder von Staaten, Regierungen oder NGOs bekommen. Das möchten wir auch gar nicht, um unsere völlige Un­ab­hängigkeit zu sichern und uns nicht irgendwelchen politischen Pro­grammen unterordnen zu müssen. Manchmal bekommen wir Spenden von Gruppen oder Einzelpersonen, die unsere Prinzipien selbstlos und ohne Vorbedingungen unterstützen. Unsere Praxis erzeugt auch kei­ner­lei Profit, eher im Gegenteil. Es sollte auch klar sein, dass mit dem Durch­schnittsverdienst in Kuba nicht die hohen Kosten einer Unter­kunft gedeckt werden können. Zu­min­dest nicht mit ehrlicher Arbeit, bei der niemand ausgebeutet wird.

Wer wird vom sozialen Zentrum und der Bibliothek profitieren?
Erstmal alle, die Mitglieder der TLAL sind und unbezahlt in den Räumen arbeiten. Das schließt auch die Leute ein, die dort tat­säch­lich leben werden und das Gebäude betreuen. Jenseits von TLAL wird es die uns umgebende Community sein, da wir vorhaben, Beziehungen mit der Nachbarschaft einzugehen und unseren Raum zur Verfügung zu stellen. Für uns würde ein solches Projekt keinen Sinn ergeben, wenn es losgelöst wäre von den Nöten der Personen, die es umgeben.

Die Projekte des Observatorio Crí­ti­co, in dem wir weiter aktiv bleiben werden, sollen ebenfalls die Büros nutzen können, um auf diese Weise ihre Aktivitäten weiter ausbauen zu können. Darüber hinaus werden kubanische und internationale Stu­die­rende und Forscher*innen in der Bibliothek einzigartige und kost­ba­re Informationsquellen finden.

Und selbstverständlich werden auch alle libertären und anti­ka­pi­ta­listischen Besucher*innen im so­zia­len Zentrum aufgenommen wer­den, ebenso wie andere Personen, die unserer Solidarität bedürfen.

Was bekommen die Spender*­in­nen zurück?
Wir haben nicht viel Material, das wir im Gegenzug zurückgeben kön­nen, nur unsere Dankbarkeit und gute Stimmung. Natürlich haben alle Spender*innen Platz in un­se­rem Zentrum in Kuba und Zugriff auf alle Annehmlichkeiten des­sel­ben.

Darüber hinaus würden wir, wenn ihr einverstanden seid, eure E-Mail-Adressen in unseren Mail-Verteiler aufnehmen, damit ihr regelmäßig die kubanische libertäre Zeitung „Tierra Nueva!“ erhaltet.

Für diejenigen, die ihre Namen veröffentlicht sehen wollen, haben wir eine Unterstützerliste auf un­se­rer Webseite, wo diejenigen aufge­führt sind, die uns geholfen haben, unser Projekt zu realisieren. Alle, die beigetragen haben, werden wir einen ausführlichen Bericht zukommen lassen, wo wir be­schrei­ben, in welcher Weise die Gelder ge­nutzt wurden.

Eure Mithilfe ist entscheidend, wenn wir antikapitalistische und libertäre Ideen in Kuba und der Karibik voranbringen wollen!

 

(1) Das spanische Original „El Anarquismo en Cuba“ ist von 2000. Das pdf vom Buch findet sich unter https://materialesfopep.files.wordpress.com/2014/03/frank-fernc3a1ndez-el-anarquismo-en-cuba.pdf
Die englische Übersetzung „Cuban anarchism – the history of a movement“ ist 2001 erschienen. Online lesbar bei https://theanarchistlibrary.org/library/frank-fernandez-cuban-anarchism-the-history-of-a-movement
Die deutsche Übersetzung ist 2006 erschienen und online frei verfügbar unter http://www.anarchismus.de/transnational/kubaanarchismus.htm

(2) Die Gaidao wird von der Föderation deutschsprachiger Anarchist_innen herausgegeben. Alle Ausgaben sind online unter fda-ifa.org/gaidao archiviert.