zusammengestellt von der AIBJ-Redaktion
Ende August, in der Nacht vom 18. zum 19., kam es zu einem Brandanschlag auf die Baustelle für die neue Groß-JVA der Länder Sachsen und Thüringen in Zwickau-Marienthal. Wir wollen die Aktion im Folgenden mit folgenden Ausschnitten dokumentieren:
In der Sächsischen Zeitung vom 28.9.2019 ist wie folgt zu lesen:
Auf einer Baustelle der Bautzener Firma Hentschke Bau hat eine Brandstiftung gegeben. Die Tat hat möglicherweise einen politischen Hintergrund. Wie die Polizei mitteilt, handelt es sich bei dem Tatort um die Baustelle der neuen Zwei-Länder-Justizvollzugsanstalt in Zwickau-Marienthal. Dort brannte vor einer Woche ein Bagger aus. Vier weitere Bagger und ein Radlader wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft Zwickau beschädigt. Es entstand ein Sachschaden von 150_000 Euro.
Die Ermittlungsbehörden sind überzeugt, dass es sich um Brandstiftung handelt. So wurden laut Staatsanwaltschaft am Tatort fünf Brandsätze gefunden. Verstärkt wird dieser Verdacht durch ein Bekennerschreiben, das Mitte vergangener Woche auf der linken Internet-Plattform Indymedia veröffentlicht wurde.
Das erwähnte Bekennerschreiben wurde am 21.8.2019 auf de.indymedia.org veröffentlicht.
Darin übernimmt das anarchistische Kommando “Thomas Meyer-Falk”, benannt nach dem linken Langzeitgefangenen und Sicherungsverwahrten in der JVA Freiburg, die Verantwortung für die Aktion. Sie wird aktuellen Inhaftierten gewidmet und zwar Loic, den Drei von der Parkbank und den Basel 18. Weiterhin erwähnen die Autor*innen den faschistischen Hintergrund eines der Bauunternehmen und verweisen auf den Ausbau des Knastsystems: Eröffnung eines Abschiebeknasts in Dresden, Erweiterungsbau der JVA Leipzig, Planung neuer Gefängnisse bzw. von deren Ausbau in Glücksstadt in Schleswig-Holstein, der JVA Rottweil in BaWü, des Jugendknasts in Billwerder in Hamburg, der JVA Klagenfurt in Österreich und des Abschiebeknasts Bässiergut II in Basel.
Neben diesen konkreten Umständen enthält das Bekennerschreiben eine längere Kritik der Institution Gefängnis als Mittel des Staates zur Unterdrückung der unteren Schichten und sozialer Bewegung und als das krasseste Element eines umfassenden staatlichen Repressionsapparates. Zuletzt stellen die Autor*innen den Bezug zur zu dem Zeitpunk anstehenden Internationalen Solidaritätswoche für anarchistische Gefangene her.
Über den angesprochenen Bauunternehmer, Jörg Drews, Chef von Hentschke Bau, ist schon länger und auch in größeren Medien wie der ZEIT berichtet worden. Die Soligruppe Berlin der Gefangenen-Gewerkschaft fasst es in einem ergänzenden Beitrag vom 7. Juni wie folgt zusammen:
Demnächst soll ein neuer Riesen-Knast für Sachsen und Thüringen entstehen, die Unternehmen Hentschke Bau GmbH und VSTR AG Rodewisch sollen die Mauer des neuen Knastes in Zwickau-Marienthal bauen. Dazu veröffentlichten wir am 03.06.19 ein Statement […].
Tatsächlich ist keine große Recherche nötig, um heraus zu finden, dass:
• Drews Unternehmen zu den drei größten Einzelspendern aus der Wirtschaft, welche die AfD im Bundestagswahljahr 2017 unterstützt haben, gehört,
• Jörg Drews in Bautzen Vorträge organisiert, in welchem er Verschwörungstheorien und rassistischen Müll verbreitet. Dabei nutzt Drews die Firma – und damit den Namen Hentschke – als Basis und Instrument für die Verbreitung seiner Ansichten,
• Jörg Drews in der Vergangenheit immer wieder die Nähe zu Reichsbürger*innen vorgeworfen wurde,
• er Mitglied bei „Wir sind Deutschland“ ist und er unter anderem das Magazin „Denkste mit?“ unterstützt,
• er wiederholt auf Kundgebungen, die sich gegen den UN-Migrationspakt richteten und an denen auch Mitglieder der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ teilnahmen, sprach.
Drews hat großen Einfluss auf die Stadt, denn seine Firma Hentschke Bau ist einer der größten Arbeitgeber der Region mit 700 Mitarbeiter*innen. Außerdem steckt Drews seinen erwirtschafteten Profit in viele Liegenschaften in Bautzen, so zum Beispiel auch in den Fußballverein FSV Budissa Bautzen. Drews erkauft sich damit nicht nur „Sympathisant*innen“ und Anhänger*innen vor Ort, die Bautzener Einwohner*innen und Lohnarbeiter*innen sind vor allem auch abhängig von ihm und seinem Unternehmen.
Die Sympathien sowie die wirtschaftliche und kapitalistische Abhängigkeit nutzt Hentschke für die Verbreitung seiner rassistischen Ansichten. Den akkumulierten Profit steckt er unter anderen nicht nur in die Stadt, sondern vor allem in die AfD und anderen rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Organisationen, Zeitungen, Magazinen.
Wie auch der sächsische Verfassungsschutz erklärte, gab es solche Aktionen zuletzte Mitte der 90er. Im Wikipedia-Artikel über die RAF heißt es: “In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1993 verübten RAF-Angehörige einen Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt. Das war die letzte Aktion der RAF. Über 200 Kilogramm Sprengstoff zerstörten drei Unterkunftsgebäude und den Verwaltungstrakt der im Bau befindlichen Anstalt. Der Rest der Anlage wurde schwer beschädigt. Menschen wurden nicht verletzt. Der materielle Schaden betrug 100 bis 120 Millionen DM. Die JVA konnte erst 1997 in Betrieb genommen werden.”
Danach versuche die Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E. 1995 erfolglos, das im Umbau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu jagen.