Gefangenen-Infos

zusammengestellt vom ABC Jena

 

Knast vor, während und nach G20

Wie die Rote Hilfe berichtete, kam es schon im Vorfeld von G20 zu Repression und Inhaftierung. Ein Genosse aus Rostock, Flitzie, bekam am 15. Juni eine Meldeauflage für die Zeit vom 2. bis 9. Juli – ohne Verurteilung oder Strafbefehl. Am 27. Juni versuchten die Bullen, bei drei Leuten in Rostock eine Gefährderansprache zu machen. Am 1. Juli wurden dann die Wohnungen von zwei Genossen durchsucht und beide fest­ge­nom­men. Einer von beiden, Flitzie, wurde bis zum 10. Juli in der JVA Bützow in Unter­bin­dungs­gewahrsam genommen. Am 4. Juli machten 100 Leute eine Solidaritäts­kundge­bung vor der JVA. Auch in Burg und Dresden hat es mehrere Gefährderansprachen gegeben. Am 22. Juni wurden zwei Berliner Linke, die in ihrem Kleinwagen schliefen, von Bullen festgenommen und für zweieinhalb Tage in die neue G20-Gefangenen­sammel­stelle gesteckt. Bei ihrer Freilassung bekamen sie ein Platzverbot für die Hamburger Innenstadt bis zum 10. Juli. In den Folgetagen versuchten die Berliner Bullen mehrfach, ihnen Briefe mit Vorbeugemaßnahmen zuzustellen. Da sie diesen nicht nachkamen, müssen sie nun ein Zwangsgeld in Höhe von 500€ zahlen.

In Hamburg selbst wurde schon vor dem Gipfel eine Gefangenensammelstelle (GeSa) eingerichtet und wurden 1800 Bullen für ihren Betrieb und den Transport der Gefangenen vorgesehen.

Insgesamt wurden während der Proteste 51 Personen festgenommen, von denen sich Ende August noch 28 v.a. nicht-deutsche Staatsbürger_innen in Haft befanden. Nur we­nige von ihnen haben sich öffentlich dazu bekannt. Darunter folgende Anar­chist_innen und andere Aktivist_innen aus Italien und dem Baskenland:

Riccardo Lupano (09/06/1985)
Emiliano Puelo (02/02/1987)
Orazio Sciuto
Alessandro Papisarda
David Rincon
JVA Billwerder
Dweerlandweg 100
22113 Hamburg

Fabio Vettorel (02/12/1998)
JVA Hahnöfersand
Hinterbrack 25
21635 Jork

Maria Rocco wurde Anfang August entlassen. Sie war übrigens in U-Haft gesteckt wor­den, weil ihr vorgeworfen wurde, Gewalttäter psychologisch unterstützt zu haben. Sie habe sich nicht von einer Demonstrationssituation entfernt. Tatsächlich war sie da­bei, einer Frau mit einem offenen gebrochenen Fuß zu helfen. Halil Zaybak wurde am 26. August aus der JVA Billwerder entlassen.

Aufgrund der zahlreichen Gefangenen wurde eine gruppenübergreifende Soligruppe gegründet. Der Blog: unitedwestand.blackblogs.org. Das Spendenkonto:
Rote Hilfe e.V.
Stichwort „G20“
IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Sparkasse Göttingen

Es fanden mehrere Solidaritätskundgebungen statt: am 9. Juli bei der Gefangenen­sammel­stelle in Hamburg-Harburg, am 23. Juli bei der JVA Holstenglacis, am 6. Au­gust vor der JVA Billwerder, am 24. August vorm UHA Holstenglacis, am 3. Sep­tem­ber vor der JVA Billwerder und während der Prozesstage vor den Gerichten. Auch in Italien, im Baskenland, in Polen, in der Schweiz und anderen Ländern hat es meh­rere Aktionen und Demonstrationen zur Freilassung der Gefangenen gegeben. Vom 3. bis 5. November soll ein transnationales Treffen zur Unterstützung der G20-Gefan­genen stattfinden.

Die ersten Gefangenen wurden bereits verurteilt. Ein Niederländer wurde im ersten G20-Prozess am 28. August zu 2 Jahren und 7 Monaten Knast verurteilt. Ein an­de­rer Gefangener, der sich von den Aktionen distanzierte, wurde am 8. September zu 1 Jahr und 5 Monaten auf 2 Jahre Bewährung verurteilt. Insgesamt laufen um die 160 Strafverfahren.

5.7. Haftentlassung von Georg Huß
Der Grasaktivist, Antiknast-Kämpfer, Gefangenen-Gewerkschafter und mehr­facher Hungerstreiker Georg Huß wurde Anfang Juli 2017 aus der fran­zö­si­schen Haftanstalt Mulhouse entlassen. Er war im Dezember aufgrund eines Funds von Grasblüten von den französischen Bullen festgenommen und ein­ge­knastet worden. Von Januar bis März 2017 machte er dort einen zwei­einhalbmonatigen Hungerstreik für grundlegende Gefangenenrechte und die Schließung des Knasts. Weiterer Kontakt unter:
GG/BO Soligruppe Leipzig
Georg Huß
c/o linXXnet
Bornaische Str. 3d
04277 Leipzig
Georg Huß: +49 159 039 42813

7.7. Toter in JVA Dresden
Der inhaftierte Sprecher der Gefangenen-Gewerkschaft David Scholz hat vom Tod von Ronny L., 41 Jahre, berichtet. Er befand sich wegen einer nicht-gezahlten Geldstrafe in Ersatzfreiheitsstrafe und hatte nur noch 14 Tage Haftzeit vor sich. Am 6. Juli war er wegen Schmerzen in der Brust beim Anstaltsarzt gewesen. Der stellte nichts fest. Einen Tag später war er tot. David Scholz wurde anschließend vermutlich in Folge seiner Aufklärungs­be­mühungen in die JVA Torgau zwangsverlegt.

13.7. Haftstrafe für kurdischen Politiker Muhlis Kaya
Der kurdische Politiker Muhlis Kaya wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft und -Funktionen auf Grundlage von §129b zu 3 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Derzeit befinden sich 10 Kurd_innen wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft in Deutschland in Unter­su­chungs- oder Strafhaft.

Seit Mitte Juli Nero wegen Aktion in Rigaer Straße in JVA Moabit
Am 16. Juni fand ein Hiphop-Konzert in der Rigaer Straße statt. Nero soll dabei die Besatzung des Überwachungs-Helikopters mit einem Laserpointer ge­blen­det haben. Er wurde laut Polizei am selben Abend mit Laserpointer, Zwille mit mehreren Stahlkugeln, Pyrotechnik, Einhandmesser, Handschuhen und Sturm­haube aufgegriffen. Mitte Juli wurde er dann von seinem Arbeitsplatz weg verhaftet und in die JVA Moabit gesteckt.

17.7. Antifaschist Oli wegen Anti-Pegida-Protest zu Haftstrafe verurteilt
Oli soll bei einer Anti-Pegida-Demo am 7. November 2016 mit einem Regen­schirm einen BFE-Bullen geschlagen und verletzt haben. Er wurde des­we­gen vom Dresdner Amtsgericht zu 8 Monaten Haft verurteilt. Die Verteidigung will in die Berufung gehen. Eine Woche später trafen sich je 50 Anti­fa­schist_­innen in Dresden und Göttingen bei Kundgebungen in Solidarität mit Oli. Hier die Dresdner Kundgebung auf dem Neumarkt.

17.7. GG/BO-Sprecher David Scholz im Verlegungskarussel
Schon am 5. Oktober 2015 war der Gefangenen-Gewerkschafter David Scholz gegen seinen Willen aus der sächsischen JVA Zeithain in die JVA Dresden ver­legt worden. Dagegen hatte er Rechtsmittel eingelegt. Kurz bevor die Sache entschieden werden sollte, wurde er am 17. Juli 2017 in die JVA Torgau blitz­verlegt. Damit habe sich laut JVA das anhängige Verfahren erledigt. Am 29. Au­gust drohte ihm der Leiter der JVA Torgau mit einer weiteren Verlegung. Die mehrfachen Verlegungen zielen auf die Unterdrückung seines Engagements für die Gefangenen-Gewerkschaft.

19.7. Entgrenzung der Vorbeugehaft in Bayern
Die Änderung des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes hat zwei Neuerungen ge­­bracht. Erstens kann bei sogenannten Gefährdern präventiv, d.h. ohne Anklage oder Verurteilung, die elektronische Fußfessel angeordnet werden. Zweitens wurde die bisher maximal zweiwöchige Präventivhaft vollkommen ent­grenzt. Sie muss lediglich aller drei Monate von einem Haftrichter über­prüft werden. Damit kann man in Bayern nun ohne Anklage oder Verurteilung un­begrenzt eingesperrt werden!

20.-27.7. Solidaritätswoche für J20-Verfolgte
Während der Proteste gegen die Amtseinführung von Donald Trump im US-amerikanischen Washington am 20. Januar 2017 wurden ca. 215 Personen festgenommen, angeklagt und sind nun von bis zu 75 Jahren Knast bedroht. Ende Juli fand eine Solidaritätswoche statt, in der Aktionen, Spenden­samm­lung­en, Informationsveranstaltungen usw. organisiert wurden.

21.7. Verurteilung von Zeki Eroğlu
Der Kurde Zeki Eroğlu wurde vom Oberlandesgericht Hamburg auf Grundlage von §129b wegen angeblicher PKK-Mitgliedschaft zu 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt.

26.-30.7. Campen gegen Knast und Strafe in Görlitz
Ende Juli fand im Rahmen des Faetzig-Camps bei Görlitz das von den ABC-Gruppen organisierte Campen gegen Knast und Strafe statt. Es gab viel Austausch und Diskussion zwischen Antiknast-Aktivist_innen aus verschie­de­nen Gruppen und Organisationen, aber auch Aktionen. Am 28. Juli fand eine „Rally gegen Knast und Strafe“ statt, bei der mehrere Gruppen durch Görlitz zogen, durch witzige Aktionen auf die alltägliche staatliche Gewalt hinwiesen und so die Kleinstadt für ein paar Stunden durcheinander brachten. Dabei wurden sieben Personen von den Bullen in Gewahrsam genommen und abfo­to­grafiert und mehrere Leute im Büro der AfD von AfD-Mitarbeiter_innen an­ge­griffen und verletzt. Im Nachhinein hetzten Presse, Politik und AfD gegen die Aktion und versuchten, sie dem Faetzig-Camp in die Schuhe zu schieben. Außerdem gab es mehrere Anzeigen.

31.7. Oliver Rast gibt Sprecherrolle der GG/BO ab
Oliver Rast, ehemaliger Gefangener für die Aktionen der militanten gruppe (mg) und Mitgründer der Gefangenen-Gewerkschaft, gibt nach drei Jahren seine exponierte Rolle als Sprecher ab. Er wolle sich nun der Herausgabe eines Bandes zur Geschichte der militanten gruppe widmen.

2.8. Haftstrafen für Markéta und Miroslav wegen YPG/YPJ-Mitgliedschaft
Die tschechischen Rojava-Aktivist_innen Markéta Všelichová und Miroslav Farkas waren im November 2016 von den türkischen Behörden verhaftet wor­den. Am 2. August 2017 wurden sie wegen angeblicher Mitgliedschaft in der kurdischen Selbstverteidigungseinheit YPG/YPJ zu 6 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Das ABC Tschechien und ABC Dresden haben zur Solidarität aufgerufen. Briefe an:

Van T Tipi Kapali Ceza İnfaz Kurumu
Markéta Všelichová
Tevekli Mah. Erciş Yolu (Erciş Yolu 25. Km) Tuşba / Van
650 40 Turecká republika – Türkiye Cumhuriyeti
TURKEY

Van F Tipi Yuksek Guvenlikli Kapali Ceza Infaz Kurumu
Miroslav Farkas
Abdurrahman Gazi, Km, Ipek Yolu Cd. N°25
650 40 Van Merkez/Van
Turecká republika – Türkiye Cumhuriyeti
TURKEY

7.8. Selbstmord in der JVA Dresden
Die GG/BO-Sektion der JVA Dresden berichtet von einem weiteren Selbstmord. Der Häftling brachte sich während des Einschlusses in seiner Einzelzelle um. Es dauerte 30 Minuten, bis die Beamten erfolglos die Reanimierung einleiteten. Knapp einen Monat später ergab sich aus einer kleinen Anfrage im sächsi­schen Landtag, dass in den Jahren 2015 bis 2017 in Sachsen 20 Ge­fange­ne umgekommen sind – vierzehn Selbsmorde, vier Krankheitsfälle, eine Betäu­bungs­­mittel­über­dosis und eine Prügelei mit einem Mitgefangenen.

23.8. Selbstmord in JVA Freiburg
Thomas Meyer-Falk, linker Langzeitgefangener und Sicherheitsverwahrter in der JVA Freiburg, berichtete vom Selbstmord eines Gefangenen. Nach einer Bullen­razzia gegen die Drogensubkultur wurden mehrere Häftlinge in Iso-Haft gesteckt. Ein jüngerer Gefangener brachte sich in der sogenannten Schutz­ab­tei­lung um. Kontakt zu Thomas unter:
Thomas Meyer-Falk
c/o JVA Freiburg
Hermann Herder Str. 8
79104 Freiburg

25.8. Solikundgebung für Sercem
Am 31. Mai hatten sich über 300 Schüler_innen der Nürnberger Berufsschule B11 gegen die Abschiebung eines Mitschülers gewehrt und gegen die Bullen gekämpft. Sercem wurde dabei festgenommen und ist bis heute in Haft. Das Bündnis „Widerstand Mai 31“, bestehend aus Schüler_innen, Angehörigen und linken Gruppen, organisierte am 25. August eine Lärmdemo zum Amtsgericht Nürnberg für ihren Genossen. Die nächste Demo und ein Solikonzert sollen am 27. Oktober stattfinden. Das Spendenkonto für Sercem:
Stichwort „Mai 31“
GLS Bank
IBAN: DE85430609674007238359
BIC: GENODEM1GL
Insgesamt wird wegen des Widerstands gegen die Abschiebung vom 31. Mai gegen 19 Personen ermittelt.

30.8. Gefangenen-Zeitschrift „Multi Kulti Dialog“ wird verboten
Der GG/BO-Rechtssekretär der JVA Tegel Mehmet Aykol hatte schon im Sep­tember 2016 die Herausgabe einer unzensierten Zeitschrift im Namen der Gesamtinsassenvertretung (GIV) und der Ausländersprecher der Insassen­vertretungen (IV) der Teilanstalten der JVA Tegel beantragt. Im Februar 2017 hatte er auch den neuen grünen Berliner Justizsenator Dirk Behrendt aufge­fordert, das Anliegen zu unterstützen. Behrendt erklärte, er stehe nicht zur Verfügung und nun wurde die Zeitschrift verboten.

3.-10.9. Solidaritätshungerstreik von Musa Aşoğlu für Nuriye Gülmen und Semih Özakca
Musa Aşoğlu, der im Dezember 2016 auf Grundlage von §129b wegen angeb­licher Mitgliedschaft in der türkischen kommunistischen Partei DHKP-C verhaftet wurde und sich seitdem in Isolationshaft befindet, hat einen einwöchigen Solidaritätshungerstreik gemacht. Damit unterstützte er den bereits seit einem halben Jahr laufenden Hungerstreik der türksichen Aka­de­mi­kerin Nuriye Gülmen und des Grundschullehrers Semih Özakca gegen ihre Entlassung im Rahmen der von Erdogan vorgenommenen Säuberung der Staatsapparate. Infos zu Musa Aşoğlu unter freemusablog.wordpress.com.

12.9. Schließung der JVA Gera angekündigt
Laut Grünen-Justizminister Lauinger soll die JVA Gera am 20. Oktober dicht­machen. Derzeit werden dort 50 bis 70 Gefangene von 60 bis 70 JVA-Beamten festgehalten. Die Gefangenen werden nach der Schließung in die JVA Hohen­leuben verlegt. Ab 2020 soll die neue Groß-JVA Zwickau-Marienthal Hunderte von Häftlingen aus Thüringen aufnehmen.

15.9. Freilassung von Nekane Txapartegi aus Züricher Knast
Die baskische Journalistin Nekane Txapartegi ist am 15. September 2017 freigelassen worden. In den vorausgegangenen Wochen fanden mehrere Solidaritätsdemos in verschiedenen schweizerischen Städten statt. Sie war im April 2016 in der Schweiz wegen angeblicher ETA-Mitgliedschaft festgenommen, in den Züricher Knast gesteckt worden und sollte nach Spanien, das Land, in dem sie von den Behörden gefoltert worden war, abgeschoben werden. Am 14. September 2017 hat das spanische Gericht jedoch die Verjährung der Haftstrafe festgestellt und die Aufhebung des Auslieferungsantrags angeordnet.

24.9. Ausbruch von drei Strafgefangenen aus forensicher Psychiatrie in Zwiefalten
Drei Gefangene, die im Maßregelvollzug bzw. der klinischen Forensik in Zwie­falten, d.h. im Vollzug für drogenabhängige oder psychisch kranke Straf­häft­linge, eingesperrt waren, haben mit einem selbstgebauten Rammbock ein Loch in die Wand ihrer Zelle gerammt und sind getürmt.