von der FAU Jena
Uni Jena reagiert auf Arbeitskämpfe der Basisgewerkschaft FAU Erfurt/ Jena in der ThULB durch Schaffung tariflich bezahlter Stellen, die de-facto Entlassung der studentischen Hilfskräfte und gewerkschaftsfeindliche Stimmungsmache.
Wie konnte es zur Nicht-Verlängerung der studentischen Hilfskraftverträge in der ThULB kommen?
Studentische Beschäftigte können an Universitäten als sogenannte „studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte“ zur Erbringung wissenschaftlicher Hilfstätigkeiten aus dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) ausgeschlossen werden. Viele der studentische Hilfskräfte leisten aber keine wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten, sondern übernehmen infrastrukturelle Aufgaben (z.B. EDV, Aufsichten) oder sonstige Arbeiten (Unkraut-Jäten). Diesen studentischen Beschäftigten stehen eigentlich Tariflohn und tarifliche Vereinbarungen zu.
Seit Dezember 2016 bemüht sich die Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) Erfurt/Jena gemeinsam mit einigen studentischen Arbeiter_innen um die Einbindung genau dieser studentischen Beschäftigten in den Tarifvertrag der Länder (TV-L). In dem Rahmen konnten wir in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) bisher für einen Kollegen eine Tariflohnnachzahlung und Vertragsentfristung und für einen zweiten Kollegen eine weitere Tariflohnnachzahlung durchsetzen. Darüber hinaus sind zwei weitere Forderungen nach Tariflohnnachzahlung offen, die am 21. Februar 2018 vorm Arbeitsgericht Gera verhandelt werden. Die Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena reagiert darauf nun mit einer grundlegenden Umstrukturierung der Arbeitsverhältnisse in der ThULB.
Die aktuellen Verträge der studentischen Hilfskräfte in der ThULB werden nicht verlängert. Vermutlich zur Überbrückung, vielleicht auch dauerhaft, werden Aushilfen – vorwiegend, aber nicht ausschließlich Studierende – als kurzzeitig Beschäftigte gesucht. Diese sind, wie bisher auch die studentischen Hilfskräfte, aus dem Tarifvertrag ausgeschlossen. Gleichzeitig gibt es neue, auf ein Jahr befristete Teilzeitstellen (20 Stunden die Woche) in der ThULB. Diese sollen nach Tariflohn bezahlt werden.
In den aktuell laufenden Gesprächen mit den studentischen Hilfskräften aus der ThULB weist die Uni Jena teilweise darauf hin, dass die FAU mit ihren Klagen beim Jena-Experiment und in der ThULB an der Umstrukturierung schuld sei, dass die Verträge deswegen nicht verlängert werden könnten und dass die Betroffenen sich gerne auf die neuen Stellen bewerben können. Die Bedingungen würden sich für sie dadurch aber verschlechtern. Die Kolleg_innen, denen gegenüber die FAU erwähnt wurde, haben die Gespräche als Stimmungsmache gegen die FAU empfunden und uns daraufhin informiert.
Schluss mit dem Märchen von der Gewerkschaft als Buhmann!
Wir wollen in aller Deutlichkeit sagen, dass nicht die Nicht-Verlängerung der studentischen Hilfskräfte, sondern ihre Bezahlung nach Tariflohn unsere Forderung gewesen ist. Es ist die Entscheidung der Uni Jena, sie nicht einfach in den Tarifvertrag der Länder aufzunehmen, ihnen also schlicht mehr Lohn zu zahlen, sondern eine grundsätzliche Umstrukturierung durchzuführen, welche die Menge an flexiblen Minijobs für Studierende einschränkt. Sie hätte die aktuell Beschäftigten einfach in den Tarifvertrag aufnehmen und Schritt für Schritt neue halbe Stellen schaffen können. Insofern weisen wir das Gerücht zurück, wir seien am Rausschmiss aller studentischen Hilfskräfte in der ThULB Schuld.
Die noch in der ThULB beschäftigten studentischen Hilfskräfte weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass für einige von ihnen unter gewissen Umständen eine Nachzahlung des Tariflohns, vielleicht sogar eine Entfristung ihres Arbeitsvertrages möglich ist. Dies konnten wir bereits Mitte Mai 2017 für einen Kollegen in der Thulb durchsetzen.
Entprekarisierung praktisch: tarifgerechte Stellen statt Mindestlohn-Minijobs durchgesetzt.
Auch wenn nun zahlreiche Jobs für studentische Hilfskräfte in der ThULB wegfallen, stellt die Schaffung tariflich bezahlter, sozialversicherungspflichtiger halber Stellen gegenüber den prekären Mindestlohnjobs eine Verbesserung der Situation dar. Die neuen Angestellten werden nicht nach Mindestlohn, sondern nach Tarif, also besser, bezahlt, bekommen nicht 20, sondern 30 Urlaubstage im Jahr, haben Anspruch auf Weihnachtsgeld usw. In Zukunft werden ihre Arbeitsbedingungen außerdem Gegenstand von kollektiven Tarifverhandlungen sein und können bei gewerkschaftlicher Durchsetzungskraft weiter verbessert werden. Diese Stellen stehen auch Studierenden offen und zwar genau denen, die ohne eine Arbeit ihr Studium nicht finanzieren können. Sie könnten nun halbtags in der ThULB arbeiten gehen und parallel in Teilzeit studieren. Eine genau Einschätzung der Veränderungen und Verbesserungen ist uns jedoch erst möglich, wenn wir über genauere Informationen wie beispielsweise die Zahl der neuen Stellen verfügen.
Wie weiter? Basisgewerkschaftliche Organisierung an der Uni stärken!
Wir haben immer wieder die Meinung vertreten, dass die studentischen Hilfskräfte sich mit ihrem Interesse an flexiblen Nebenjobs nicht von den Universitäten zum Abbau ordentlicher Arbeitsverhältnisse einspannen lassen sollten. Gleichzeitig ist der Unmut über die plötzliche und willkürliche Nicht-Verlängerung der Verträge vonseiten der Uni berechtigt. Dass die Uni die studentischen Hilfskräfte überhaupt einfach so vor die Tür setzen kann, führt drastisch vor Augen, warum unsere Arbeit für die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse an der Uni so wichtig ist und fortgesetzt werden sollte. Wir freuen uns also zwar, dass wir es als Gewerkschaft geschafft haben, eine strukturelle Verbesserung der Arbeitsverhältnisse durchzusetzen, verurteilen aber, dass diese Verbesserung vonseiten der Uni auf dem Rücken der aktuell beschäftigten studentischen Hilfskräfte umgesetzt wird. Einzige Lösung kann hier nur die gemeinsame Organisation von Hilfskräften und Festangestellten sein. Wir laden alle Kollegen und Kolleginnen ein, sich der FAU Erfurt/Jena anzuschließen, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen und sich gemeinsam mit uns für ihre Interessen einzusetzen!
Konkret bereiten wir für die kommenden Tage eine Informationskampagne sowie eine Kundgebung vor der ThULB vor. Außerdem werden wir mit allen studentischen Hilfskräften aus der ThULB je nach Fall juristisch wie politisch für eine Tariflohnnachzahlung und Entfristung der Verträge kämpfen.
[Die neuen Stellen in der Thulb wurden beginnend mit dem 1. Januar 2018 besetzt (Anm. d. Red.).]