Gefangenenproteste in der JVA Untermaßfeld

übernommen von der GG/BO-Soligruppe Jena

In den vergangenen Monaten kam es in der JVA Untermaßfeld bei Meiningen zu Protesten der Gefan­gen­en unter Beteiligung der Gefan­genen-Gewerkschaft. Wir doku­mentieren diese in Aus­schnitten aus Beiträgen der Soli­gruppe Jena.

Sitzstreik in der JVA Unter­maßfeld – mit „Bunker“ und Kom­plett­einschluss bestraft
Am Samstag, 22. Juni 2019, haben Gefangene einer ganzen Stat­ion in der thüringischen JVA Untermaßfeld einen Sitzstreik durchgeführt, um gegen den bereits zweiwöchigen Ausfall der TV-Geräte zu protestieren. Nach einem Polizieeinsatz wurden sieben von ihnen in „besonders gesicher­ten Hafträumen“ bzw. dem „Schlicht­raum“ abgesondert und die Station unter Komplett­ein­schluss gestellt. Die Soligruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft fordert ein Ende der Isolations­stra­fe und die Erfüllung der Forderung des Sitzstreiks.
Am 22. Juni 2019 haben sich alle ca. 20 Gefangene der Station 4 C der JVA Untermaßfeld bei Meiningen geweigert, in ihre Hafträume zurückzukehren und haben einen Sitzstreik auf dem Gang der Station gemacht. Sie forderten, dass die TV-Geräte, die seit zwei Wochen nicht mehr funktionierten, repariert würden. Hintergrund der Aktion ist, dass die Telefon- und TV-Geräte der Firma GERDES bei einem Defekt nicht repariert werden und für längere Zeiträume unbenutzbar bleiben. Gefangene machen dafür die JVA Untermaßfeld und GERDES verant­wortlich.
Nachdem die JVA-Beamten einen Teil der protestierenden Gefan­genen dazu bringen konnten, in ihre Zellen zurückzukehren, zo­gen sie die Polizei hinzu. Gemein­sam sperrten sie die mindestens sechs Gefangenen, die den Protest fortsetzten, in sogenannte „beson­ders gesicherte Hafträume“, unter den Gefangenen auch als „Bunker“ bekannt. Ein weiterer Häftling wur­de in den „Schlichtraum“, eine videoüberwachte Zelle gesteckt. Außer­dem habe man ihnen die Zwangsverlegung in andere JVAs angedroht. Von den sieben isolier­ten Gefangenen haben einer am Folgetag in der Isolation randaliert und die Zelle beschädigt.
Zudem war am 23. Juni, dem Sonntag, die gesamte Station unter Kompletteinschluss. Die Gefan­genen konnten nicht einmal ihren Hofgang machen. Die Anstalt habe erklärt, es handele sich dabei um keine kollektive Strafmaß­nah­me, sondern sei eine Folge des Beam­tenmangels. Tatsächlich war die Station an dem Tag aber mit vier Beamten normal besetzt.

JVA Untermaßfeld: Polizei­ein­satz gegen Häftlingsrandale und -protest
Am Freitag, dem 23. August 2019, demolierten Häftlinge in der JVA Untermaßfeld zwei Zellen und protestierten gegen die Anstalts­leiter. Die JVA-Beamten ließen die Poli­zei rufen, welche die Gefan­gen­en in speziellen Zellen isolierte.
Die Gefangenen-Gewerk­schaft in der JVA berichtet, dass die Gefangenen einer Viermann- und einer Zweimannzelle sich betran­ken und daraufhin ihre Hafträume demolierten. Sie rissen Steine aus der Wand, brachen Stuhlbeine ab und warfen sie in den Gang der Station. Als die JVA-Beamten hinzu­ka­men, beschwerten sich die Gefan­genen lauthals über den Abteilungs­leiter und den Anstalts­leiter.
Der Anstaltsleiter sei unter den Gefangenen allgemein sehr unbeliebt. Ähnlich unzufrieden seien sie mit dem Abteilungsleiter, der sich Gefangenen gegenüber respektlos verhalte. Erst ver­gan­ge­ne Woche habe er einen Gefang­en­en, der ohne T-Shirt, aber mit Jacke über die Station lief, über die Sprech­anlage mit folgenden Wor­ten angegangen: Er solle sich die Jacke ausziehen und ein T-Shirt an­ziehen, sonst komme er persönlich zu ihm und zerre sie ihm vom Wanst.
Die Beamten riefen die Po­lizei, die in größerer Zahl eintraf und die Gefangenen einzeln in Schlicht- und besonders gesicherte Hafträume brachte und so isolierte.

Beschwerde der Gefangenen der JVA Untermaßfeld gegen die GERDES AG
Die vorliegende Beschwer­de haben 59 Gefangene der JVA Untermaßfeld unterzeichnet und dem Petitionsausschuss des Thü­ringer Landtags zukommen lassen.
Liebe Mitinsassen, da es in den letzten Monaten bundesweit zu Prob­lemen mit der Firma GERDES AG kam, strebt die GG/BO eine Be­schwerde und Petition dagegen an.
In unserer hiesigen JVA Untermaßfeld kam es in letzter Zeit ver­mehrt zu Ausfällen, Störungen der Media-Systeme und bei Schadensfällen (z.B. Telefon defekt, TV-Gerät defekt) kann keiner bei der „Hotline“ eine vernünftige Aus­sage bekommen. Dazu kommt, dass selbst Bediensteten hier „die Hän­de gebunden sind“, da diese auch keinerlei Kenntnisse haben, wie z.B. in Schadensfällen die Handhabung ist. Desweiteren sind die AGBs veraltet und es werden da­rin keine Datenschutz­erklä­rung­en aufgeführt, was seit letztem Jahr Pflicht ist.
Ein TV-Gerät, was be­schädigt ist, soll laut GERDES 379_€ kosten, d.h. sollte ein Mit­ge­fang­en­er ein Gerät versehentlich be­schä­digen, hat dieser den Preis zu zah­len. Bevor er ein neues Gerät be­kommt. Dieses Gerät ist aber dann nicht sein Eigentum, sondern ver­bleibt auf dem Haftraum, selbst nach der Entlassung. Wir em­pfin­den das als ungerechtfertigt, da hier vom Neupreis ausgegangen wird, eine Reparatur nicht in Be­tracht kommt und selbst bei einer Ratenzahlung die Raten vom Haus­geld (!) oder – falls keine Pfändung – vom Eigengeld abgezogen wer­den. Der JVA sind in diesem Fall kei­ne anderen Handhabungen mög­lich, da es von GERDES vor­geschrieben wird.
Wir finden diese Methoden nicht rechtens und sammeln Un­ter­schriften. […]