Solidaritätserklärung der SoKo Thüringen

von der Solidaritätskoordination Thüringen

Wir als Solidaritätskoordination Thü­r­ingen, ein Zusammenschluss aus verschiedenen Gruppen, Strukturen und Einzelpersonen, solidari­sieren uns mit Menschen, die in Thüringen und darüber hinaus von Repression betroffen sind.

Seit dem 8. September 2021 läuft der Prozess gegen Lina und drei weitere Angeklagte im 129er Verfahren Berlin/Leipzig/Weimar. Wei­tere sechs Beschuldigte wurden abgespalten und werden wahrscheinlich zu einem anderen Zeitpunkt verhandelt.

Unsere Gefährtin Lina(1) sitzt seit November letzten Jahres in Untersuchungshaft in der JVA Chemnitz. Ihr und den weiteren Be­schul­digten wird vorgeworfen, Nazis angegriffen zu haben und sie werden zu einer kriminellen Orga­ni­sation konstruiert.

Dieses Verfahren nach Paragraph 129 ist nicht das einzige, welches momentan gegen Perso­nen aus der radikalen Linken geführt wird, jedoch das erste seit Jahren, welches ohne den Zusatz der Unterstützung einer ausländi­schen terroristischen Organisation vor Gericht verhandelt wird. Der Repressionsdruck auf die emanzi­pa­torischen Bewegungen steigt und an den Gefährt:innen aus Berlin/Leipzig/Weimar soll ein Exempel statuiert werden.

Die Ermittler:innen bilden Konstrukte auf der Basis von Bekanntschaften, Ideen und Spekulationen und schaffen es mit Hilfe der politischen Institution des Ge­ne­ralbundesanwalts unsere Gefährt:innen einzusperren, zu observieren, zu durchleuchten und in der Öffentlichkeit unsere Ideen zu delegitimieren.

Die Kampagne, die gegen die Beschuldigten im hiesigen Verfahren läuft, verdeutlicht einmal mehr, wie notwendig der Kampf gegen dieses System ist. Patriar­chale Propaganda von allen Seiten, allen voran die sexistische Bericht­erstattung in den Medien, gegen eine Frau, der vorgeworfen wird, Gegengewalt gegen Nazis als Mittel zu nutzen, ist widerlich und greift emanzipatorische Kämpfe auf vie­lerlei Ebenen an.

Nazis nutzen die Propaganda des Staates und die Infor­mationen, die ihnen die Bullen zuspielen, um ihrerseits zu Aktio­nen gegen Antifaschist:innen auf­zu­rufen, sie zu outen und sich als Opfer darzustellen. Die Stars dieser rechten Szene, wie Sebas­tian Schmidtke, Jürgen Elsässer, Thorsten Heise und co., treten nun als diejenigen auf, welche auf Seiten des Staates Gerechtigkeit einfordern, und bemühen sich nach Kräften, die Ermittlungen der Bullen zu unterstützen.(2) Jede Schlä­gerei mit Nazis, bei der eine Frau dabei gewesen sein könnte, wird Lina als weitere Tat zuge­schrieben. Die Bullen und die Staatsanwaltschaft nehmen Aussagen der Nazis dankend entgegen, um ihr Konstrukt weiter auszubauen.

Der Ermittlungsdruck der Soko Linx ist hoch, da sie seit Jahren keinen Erfolg gegen linke Strukturen erzielen konnten. Um die Hufeisentheorie zu stützen und das eigene Gewaltmonopol zu stärken, nimmt der Staat das gebildete Konstrukt zum Anlass, seine Macht zu demonstrieren.

Es besteht keine Notwendigkeit den Fall juristisch zu bewerten, da aus emanzipatorischer Sicht das Konstrukt von Schuld und Unschuld den Maßstäben eines sogenannten Rechtsstaats obliegt, welcher dem kapitalistischen System dient. Politisch jedoch ist das Verfahren als ein Angriff auf antifaschistische Bewegungen zu werten. Der Versuch der Einschüchterung und Spaltung innerhalb der Gruppe der Beschuldigten und der Bewegung ist eines der beliebtesten Werk­zeu­ge der Machthabenden.

Ähnlich versuchten es Poli­zei und Staatsanwaltschaft in einem Fall aus Saalfeld, wo mehre­re Antifaschist:innen im Zuge von Gegenprotesten gegen einen Naziaufmarsch 2017 ins Visier gerie­ten.(3) Der damalige Staatsanwalt Zschächner, welcher mittlerweile seinen Posten aufgrund von öffentlichem Druck räumen musste, leitete hier ein 129-Verfahren ein. Weitere aktuelle Beispiele der Angriffe auf die antifaschistische Bewegung in Thüringen bilden die Behauptungen von Innenminister Maier und Verfassungsschutzchef Kramer über eine vermeintliche linke Terrororganisation. Des Weite­ren wurde auf Antrag der Thü­ringer CDU ein Untersuchungs­ausschuss zur ‚politischen Krimina­lität‘ im Freistaat eingesetzt, deren Ziel die Durchleuchtung von antifaschistischen Strukturen sein soll. Diese politischen Angriffe gelten nicht den wenigen Individuen, welche im 129-Verfahren be­schul­digt sind, sondern allen, die sich den Nazis und dem System aktiv entgegen stellen. Wenn zugelassen wird, dass die Beschuldigten aufgrund von Distan­zie­rungen, Einschüchterung oder medialer Des­in­for­mation ohne Gegenpositionen der Bewegung, isoliert werden, hat die Repression ihren gewünschten Zweck erfüllt.

Es gilt, sich mit von Repression Be­trof­fenen zu solidarisieren und sie auf verschiedenen Ebenen zu unterstützen. Im aktuellen Verfahren geht es nicht nur darum, finanziellen Support zu leisten, sondern den Beschuldigten politisch den Rücken zu stärken, um Vereinzelung und Dämonisierung vorzubeugen.

Nazis und den Staat anzugreifen sind notwendige Mittel im Kampf für ein besseres Morgen. Solange wir den Feind:innen der Freiheit Möglichkeiten bieten, uns zu spalten, werden wir jede Pers­pektive in unserem Kampf verlie­ren. Kollektivität, Solidarität und Emanzipation sind Säulen einer revolutionären Perspektive, ohne die jeder Kampf sinnlos erscheint.
Kommt zum Prozess am Oberlandesgericht Dresden, um den Gefährt:innen vor Gericht unsere Solidarität zu demonstrieren!(4)

Getroffen hat es einige, gemeint sind wir alle! Unsere Solidarität ist stärker als jede Repression!

Solidaritätskoordination Thüringen

 

Fußnoten:

(1) https://freiheitfuerlina.noblogs.org/
(2) https://www.belltower.news/nach-vermeintlicher-anschlagserie-thorsten-heise-droht-antifa-und-spitzeln-in-online-video-114275/
(3) http://rotehilfesth.blogsport.de/2017/01/18/saalfeld-united-we-stand-gegen-naziaufmaersche-und-repression/
(4) Soli-antifa-ost.org