von AfA 161
Am Himmelfahrtsfeiertag fanden sich in Bornhagen im Eichsfeld, der Wahlheimat von Björn Höcke, ca. 200 Antifas für eine Demo ein. Diese folgten den Aufrufen antideutscher Gruppen aus Berlin, Halle und dem Eichsfeld. Ich war vom Aufruf eher abgeschreckt und fühlte mich durch Berichte über die Demo nachträglich bestättigt. Obwohl ich selbst nicht da war, soll hier mal kurz über den Unsinn dieser Demo nachgedacht werden.
Es ist ja löblich was gegen die nicht nur symbolische Führungsfigur des protofaschistischen, völkischen Flügels der AfD zu unternehmen und das kann ruhig auch vor seinem Wohnhaus getan werden, selbst wenn der Bodo Ramelow das als „Nazimethoden“ abtut. Aber in der jetzigen tristen Situation der Antifa ist das doch schlichte Ressourcenverschwendung. Sollte sich nicht lieber den Kampffeldern in Erfurt, Jena, Magdeburg usw. angenommen werden, wo die AfD sich mit bis zu 5.000 Nazis, Antisemiten und Faschisten das Recht auf Straße und Stadt nimmt? Sollten AFA-Aktivist_innen sich an so einem Tag der Trunkenheit und Deutschtümelei nicht lieber auf den Schutz von eigenen Objekten in der Provinz konzentrieren? In der jetzigen politischen Situation verwundert es nicht, dass aus vielen Orten von verstärkten rechten Aufzügen und Bedrohungen am „Männertag“ berichtet wurde. In Eisenberg zeichnete sich so eine Bedrohungssituation ab, in Erfurt kam es sogar zu einem Überfall auf das AJZ. Es wäre schön wenn die Menschen, die sich nach Bornhagen begeben haben, sowas in Zukunft auch auf dem Schirm hätten und antifaschistischen Selbstschutz organisieren und auch die Genoss_innen in der Provinz unterstützen.
Genau an letzterem besteht aber, wenn ich mir so Berichte von der Demo anhöre, gehöriger Zweifel. Statt gegen Höcke und die AfD argumentativ vorzugehen oder gar eigene Alternativen aufzuzeigen, wurde dort ein Kampf gegen die Dorfgemeinschaft propagiert. Die Alternative dazu wäre die Großstadt, eher im Westen Deutschlands als im Osten. Geile Analyse! Mich kotzt es ehrlich gesagt an mit welcher Überheblichkeit die Leute dort eingefallenen sind und alle, die in dem Dorf leben über einen Kamm scheren. Bornhagen ist ein „Scheiß-Drecksnest“ wie andere Käffer auch. Alle Einwohner sind Ronnys und Mandys. Das ganze wird dann wahlweise noch auf die ganze Ostzone ausgeweitet und der Klassiker „Kühe, Schweine, Ostdeutschland“ geschrien. Es braucht, glaube ich, niemandem erklärt zu werden, warum solche Verallgemeinerungen verkürzt und gefährlich sind. Am Ende wenden diese Leute die selben territorialen Logiken an, wie irgendwelche Politiker_innen, wenn sie ein bestimmtes Territorium zum „sicheren Herkunftsland“ erklären, ohne sich die Situation für verschiedene Menschen vor Ort mal genauer anzusehen.
Was der Tag dort gebracht hat ist unklar. Das Ziel, den Leuten dort mal richtig den Feiertag zu versauen, dürfte gescheitert sein. Einige Dorfbewohner_innen schauten sich wohl ganz amüsiert den Haufen Großstädter_innen an. Zu Höckes Haus konnte indes nicht gezogen werden, da dieser Teil des Dorfes hermetisch abgeriegelt war und auch sonst die Thüringer Polizei mit wohl zwei Wasserwerfern und Räumpanzern ordentlich auffuhr. Evtl. wurde so wenigstens einigen Nazis in Uniform der Tag versaut. Vielleicht können wir ja auf einer der zukünftigen Demos statt „Dörfer sind Scheiße – ihr seid die Beweise“ auch mal rufen „Territoriale Logiken sind Scheiße – eure Geopolitiken sind die Beweise“. Für mehr (sinnvolle) antifaschistiche Interventionen und eine emanzipatorische Kritik an Nationalismus und Faschismus!