Gefangenenprotest in der JVA Tonna

Texte der GG/BO-Soligruppe Jena

Wir drucken die zwei Texte der Jenaer Soligruppe für die Gefangenengewerkschaft zum laufenden Protest in der JVA Tonna ab. Tonna liegt bei Gotha. Mehr Infos: gefangenensolijena.noblogs.org

Massiver Gefangenenprotest in der JVA Tonna. Seit bereits zehn Tagen Verweigerung der Anstaltskost.

von der GG/BO-Soligruppe Jena, 1. August 2016

Seit Jahren herrscht unter den Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Tonna Unzufriedenheit mit den Haft-und Lebensbedingungen. Immer wieder brechen daher Proteste aus. Erst im August und September 2012 sowie im Dezember 2013 kam es zu Hungerstreiks mehrerer Gefangener aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung, des überteuerten Fernsehprogramms und schikanöser Disziplinar­maßnahmen.

Jetzt brodelt es wieder. Anlass ist dieses Mal die Nahrungsversorgung. Aufgrund von Umbauarbeiten in der Anstaltsküche wurde ein externer Catering-Service engagiert. Die Häftlinge sind sich einig: Das „Essen“ ist der schlechteste Fraß, der ihnen jemals vorgesetzt wurde. Es handelt sich um ungewürzte Mini-Portionen in Alu-Assietten. Deswegen verweigern seit dem 23. Juli wohl Hundert bis Zweihundert Gefangene das Essen. Daran beteiligen sich auch Mitglieder der GG/BO sowie Häftlinge, die mit der GG/BO zusammenarbeiten und mit denen wir in Kontakt stehen.

Unserem Wissen nach wurden zumindest die Häftlinge im Offenen Vollzug verpflichtet, zu unterschrieben, dass sie sich die Assietten um 12:00 selbst abholen und persönlich um 12:30 gereinigt wieder abgeben.

Laut unseren Informationen versucht die Anstaltsleitung teilweise, die Gefangenen zu erpressen. Wer nicht esse, dürfe nicht arbeiten, bekäme folglich seinen Hungerlohn nicht und auch keine Freisteller (d.h. keine erlassenen Hafttage pro gearbeitete Tage).

Das Austeritätsprogramm des deutschen Staats, Schäubles berühmte „Schwarze Null“, stellt einen Angriff auf das Lebensniveau von allen von uns dar und bedeutet für jede und jeden von uns Einschränkungen. Am härtesten trifft es aber die Gefangenen. Mit ihnen, glaubt der Staat, alles machen zu können. Freizeit- und Sportprogramme werden gestrichen, für Telefonate, Einkäufe und Fernsehen werden ihnen von Monopolanbietern in Zusammenarbeit mit den Anstalten exorbitante Preise und Gebühren auferlegt und nun wird ihnen sogar eine anständige Ernährung verweigert. Jetzt, wo sie sich auflehnen, müssen wir sie unterstützen, denn das Einsparen an allen Ecken und Enden betrifft jeden und jede von uns – nur gemeinsam können wir dem etwas entgegensetzen!

Wir unterstützen die Forderungen der Gefangenen:
1. Schluss mit dem Catering-Fraß, anständige Ernährung für die Häftlinge!
2. Sofortig Einstellung der Erpressung der widerständigen Gefangenen!

Wir rufen dazu auf, die Gefangenen in ihrem Protest zu unterstützen. Fragt z.B. bei der Justizvollzugsanstalt oder direkt beim Justizministerium nach, wann sie endlich auf anständige Nahrungsversorgung umstellen und die Erpressungen sein lassen.

Justizvollzugsanstalt Tonna
Im Stemker 4
99958 Tonna
Tel.: 036042 / 770
Fax: 036042 / 77107
E-Mail: poststelle@jvatonna.thueringen.de

Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz
Werner-Seelenbinder-Straße 5
99096 Erfurt
Tel.: 0361 3795-000
Fax: 0361 3795-888
E-Mail: poststelle@tmmjv.thueringen.de

 

Gefangenenprotest in der JVA Tonna geht weiter: Immer noch über 200 verweigerte Mittagessen täglich

von der GG/BO-Soligruppe Jena, 10. August 2016

Am 23. Juli 2016, vor bald drei Wochen, haben die Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Tonna angefangen, aufgrund seiner schlechten Qualität das Mittagessen zu verweigern. Im Zuge von Umbauarbeiten in der Anstaltsküche wurde ein externer Catering-Service engagiert. Die Portionen sind viel zu klein, die Qualität des Essens vollkommen unzureichend, außerdem wird es in Alu-Assietten serviert. Mittlerweile ist dazu in der Thüringer Allgemeine auch ein Artikel erschienen. Die Inhaftierten setzen ihre Verweigerung bis heute fort. Laut unseren Informationen hat die Anstaltsküche der Justiz am 5. August 2016 exakt 214 Verweigerungen der Annahme des Mittagsessen registriert. Die Gefangenen fordern nicht mehr und nichts weniger als eine anständige Essenversorgung.

Viele von ihnen beschweren sich darüber, dass das Essen aufgrund der Alu-Assietten einen Metall-Geschmack annimmt. Der Zahnarzt der Anstalt hat das in einem Aushang bestätigt. Darin behauptet er allen Ernstes, der Metall-Geschmack käme nicht von den Aluminium-Assietten, sondern von Zahnplomben. Die Häftlinge machen sich Sorgen über ihre Gesundheit. Schließlich gab es in den letzten Jahren immer wieder Diskussionen über die Schädlichkeit und das Krebsrisiko von Aluminium, zuletzt in Bezug auf Kosmetika und Deo. Diese Sorgen sind durchaus berechtigt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, Essen nicht in Aluminium aufzubewahren.

Die seit bald drei Wochen anhaltende Verweigerung des Mittagsessens stellt die Gefangenen vor ernsthafte Probleme. Sie müssen sich nun selbst versorgen. Angesichts der vollkommen überteuerten Preise der gefängnisinternen Läden und des Hungerlohns, mit dem sie für ihre Arbeit hinter Gittern abgespeist werden, ist das für Viele nicht so einfach möglich.

Von Seiten des thüringischen Justizministeriums oder der JVA Tonna ist bisher keine Stellungnahme erfolgt. Als Minister Dieter Lauinger (Grüne) am 10. August bei seinem Besuch in Meiningen auf den Protest in der JVA Tonna angesprochen wurde, antwortete er darauf, es sei ja bloß eine Übergangsmaßnahme und es handele sich ja um keinen richtigen Hungerstreik.

Unsere Solidarität gilt unseren Kollegen, den Gefangenen und ihrem Widerstand in der JVA Tonna. Wir fordern die Anstaltsleitung dazu auf, endlich eine anständige Essensversorgung zu gewährleisten.