Anmerkungen zu der „Kleine[n] Anmerkung der Redaktion“

von einer Leserin

Liebe Redaktion,

ich habe mich sehr gefreut, das neue AIB aufzuschlagen – die Bewe­gungs­­geschichte der Frauen in der DDR fand ich super spannend und auch, dass die Aktionen rund um den 17.08. aus feministischer Per­spek­tive beleuchtet wurden, hat mich sehr gefreut, da solche Perspektive im Ganzen „Yeah Ac­tion_Beset­zung_De­­mo“ Gejubel manchmal doch untergehen.

Der Text von Horst zur pro­femi­nis­tischen Männer*be­we­gung hat mich auch sehr positiv gestimmt. Die Art und Weise zu schreiben war sehr angenehm und auch das Aufzeigen der Widersprüche war mal eine ganz andere Art des Schreibens als das sonstige Abbilden von vermeint­li­chen Sicherheiten, objektiven Wahr­hei­­ten und Wissen.

Doch dann bin ich sehr über die „Kleine Anmerkung der Redaktion“ zu die­sem Artikel gestolpert und die Frage bleibt hängen – hat die Re­dak­tion den Artikel zur profemi­nis­tischen Männer*bewegung über­haupt gelesen? Und wenn ja – hat sie diesen denn so anders verstand­en als ich?

Horst schreibt, „Ich will mich nicht als tollen reflektierten Mann* ver­kau­fen und auch nicht als solcher gesehen werden“ und wie er lernte seinen Ge­fährtinnen „nicht ohne ihr unermüdliches Zutun“ zuzuhören. Wie kann es in dem Zusammenhang sein, dass eine ganze Anmerkung der Redaktion den tol­len Gruppen, Treffen, neuen Entwicklungen, an denen sich „viele Män­ner“ betei­li­gen, gewidmet ist, ohne mit einem Wort zu erwähnen, wie viel feministische Arbeit von FLTI* Personen geleistet wurde, damit das Thema überhaupt auf den Tisch kommt. Ohne die Interventionen, Kritiken, ermü­den­den Diskussionen und auch das Austreten von FLTI* aus politischen Zusammenhängen, so glaube ich, würden sich auch heute kaum Männer* kri­tisch mit ihrem Mann*-Sein ausei­nan­der­set­zen. Die Anmerkung der Redak­tion erscheint in diesem Licht doch nur wie ein selbstgefälliges Schul­terklopfen und dem Bestärken des „Ja, wir Männer* sind ja so toll und es hat sich so viel getan“ und macht die Arbeit von FLTI* Personen in die­sem Zusammenhang – wie so oft – unsichtbar! Es reicht also nicht ein Heft mit dem Themenschwerpunkt Feminismus und Geschlechter­kämp­­fe he­raus­zubringen, wenn sogar innerhalb des Heftes die politische Arbeit von FLTI* unsicht­bar gemacht wird.

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass die angestoßenen Diskussio­nen weiter­gehen und das Handeln von FLTI* Personen sichtbar wird – auch wenn es sich nicht lautstark auf Demos äußert.

Liebe Grüße
Eine Leserin – in Ausei­nan­der­set­zung mit anderen.